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Kein Vorsteuerabzug für privat genutzte Gebäudeteile – Entscheidung in Seeling-Fällen
Ein fast revolutionär anmutendes EuGH-Urteil im Jahr 2003 in der Rechtssache „Seeling“ hat damals bei vielen Steuerpflichtigen die Hoffnung geweckt, bei teils unternehmerisch und teils privat genutzten Gebäuden zunächst den vollen Vorsteuerabzug (auch für den privat genutzten Teil) geltend machen zu können. In weiterer Folge wäre die private Nutzung als Eigenverbrauch in verhältnismäßig geringen Beträgen zu versteuern gewesen. Die Befürchtung von erheblichen Umsatzsteuerausfällen hat dazu geführt, dass die Finanzverwaltung den Vorsteuerabzug für privat genutzte Gebäudeteile mit komplexen Regelungen und Argumenten „abzudrehen“ versuchte. Die Rechtmäßigkeit der Vorgehensweise der Finanzverwaltung wurde damals von zahlreichen Experten in Frage gestellt. Die Folge waren eine Vielzahl von Berufungen gegen abweisende Bescheide der Finanzverwaltung.
Nach über sechs Jahren hat der VwGH (28.5.2009, 2009/15/0100) nach vorheriger Anfrage beim EuGH nun entschieden, dass ein auf die Bestimmungen des § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG gestützter Ausschluss des Vorsteuerabzuges für Ausgaben des privaten Haushalts und Aufwendungen für die Lebensführung zulässig ist. Nach diesen speziellen österreichischen Bestimmungen, die bereits vor dem EU-Beitritt (1.1.1995) galten und bis heute nicht geändert wurden, ist somit für jene Gebäudeteile, die überwiegend privaten Wohnzwecken dienen, der Vorsteuerabzug leider unzulässig. Da mit abweisenden Berufungsentscheidungen (auch im weiteren Instanzenzug durch den UFS oder den VwGH) zu rechnen ist, wird eine Fortführung der in den letzten Jahren ausgesetzten Verfahren in der Regel nicht mehr sinnvoll sein.
Auch bei Körperschaften öffentlichen Rechts (Gemeinden, Pfarren usw.) ist – wenngleich auf Basis anderer Entscheidungen von VwGH (vom 8.7.2009, 2006/15/0231 und 24.6.2009, 2007/15/0192) und EuGH (12.2.2009, C-515/07) – die Inanspruchnahme eines Vorsteuerabzugs für den hoheitlich genutzten Teil nicht möglich. Die Argumentation lautet dabei, dass hoheitliche Tätigkeiten keine der Mehrwertsteuerrichtlinie unterliegende Aktivitäten darstellen (sondern unternehmensfremde Zwecke). Auch hier wird eine Fortführung der Berufungsverfahren regelmäßig nicht mehr zweckmäßig sein.
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